Training
29.08.2025
Stark und doch anfällig: Die Achillessehne
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Die Füße in Therapie & Training, Teil 4
Als stärkste Sehne des menschlichen Körpers geht die Achillessehne direkt aus der Wadenmuskulatur hervor und verbindet diese mit dem Fuß. Sie dient der Kraftübertragung zwischen Fuß und Unterschenkel und ist eine verdichtete Übergangsstelle, die direkt vom Muskelbauch an die knöcherne Ferse zieht und mit vielen Fasern ihren Weg auch in die Fußsohlenfaszie fortsetzt. Bei der Plantarflexion (Fuß und Zehen beugen sich nach unten) wird die Achillessehne über die Wadenmuskulatur verkürzt und angespannt, während sie sich bei der Gegenbewegung, der Dorsalextension (Fuß und Zehen werden nach oben gezogen), lang macht.
Überlastungen entstehen oft durch sprunghaft steigende Trainingsbelastungen oder neue Bedingungen beim Training wie z.B. neue Laufstrecke, ungewohnte Steigungen bei neuer Laufstrecke, neue Trainingsübungen oder neues Schuhwerk.
Reizzustand und Schonverhalten
Belastungen, die dauerhaft über der individuellen Belastbarkeitsgrenze der Achillessehne liegen, führen zu einem Reizzustand und im weiteren Verlauf auch zu chronischen Entzündungsreaktionen in der Sehne und der Hüllstrukturen. Der Reizzustand kann auch die angrenzenden Strukturen wie den Schleimbeutel zwischen Sehne und Ferse, die Knochenhaut am Fersenbein oder die Wadenmuskulatur betreffen.
Dauerschmerzen oder Belastungsschmerzen führen mit der Zeit zu einem Schonverhalten, das ungewollte Nebenwirkungen wie z.B. Muskelatrophie oder Bewegungseinschränkungen entfalten kann. Die Bewegungseinschränkungen betreffen zunächst die Bewegungsrichtungen des Fußes, können aber bei längerem Bestehen auch die Knie-, und Hüftgelenke durch ungünstiges Belastungsverhalten beeinträchtigen.
Entzündung und Schwellung
Bei Überlastungen und chronischen Entzündungsreaktionen der Sehne entsteht neben Schmerzen und Bewegungsstörungen auch eine charakteristische Schwellung in der Sehne, die häufig auf Druck schmerzhaft reagiert. In ihrem Verlauf lassen sich zwei besonders gefährdete Stellen, sogenannte „Übergangszonen“, ermitteln.
Zum einen ist die Achillessehne direkt am Übergang vom Muskelbauch der Wadenmuskulatur zur eigentlichen Sehne, sowie auch am Übergang zwischen Sehne und Knochen (Fersenbein) besonders empfänglich für Störungen in Form von Verletzung oder Überlastung. Entsprechend kann die gestörte Stelle durch die Lokalisation der bestehenden Symptome im Sehnenverlauf ermittelt werden. Bei einer Störung der Muskel-Sehnen-Zone liegt der Schmerz oder die Bewegungssteifigkeit direkt unterhalb des Wadenmuskels. Bei einer Störung in der Sehnen-Knochen-Zone entsprechend tiefer, eher an der knöchernen Ferse.
Häufig entwickelt sich an den schmerzhaften Stellen auch noch eine örtlich begrenzte Verdickung in der Sehne, die von einer entzündlichen Reaktion herrührt. Mit einer lokalen Entzündung will unser Körper die Wundheilung aktivieren und zunehmend regenerative Prozesse in Schwung bringen. Diese verdickte Zone ist zunehmend druckempfindlich – sowohl bei direktem Druck durch Hand oder Finger als auch häufig bei Druckeinwirkung durch zu enges Schuhwerk.
Auch treten gerne bewegungsabhängige Schmerzen auf, die mit der Anspannung der Wadenmuskulatur zusammen erscheinen und durch Aktivität oder Sport auslösbar sind. Denn durch die Anspannung der Wadenmuskulatur wird auch die Sehne gespannt und an der gereizten Stelle entsteht mechanische Zugspannung und eine erhöhte Reibung. Dies kann die lokalen Schmerzen verstärken.
Entzündungstreiber
Für entzündliche Prozesse in unserem Körper gibt es vielfältige Ursachen. Von direkter Traumatisierung, Überlastungsprozessen, über immun-modulierte Stoffwechselentgleisungen bis hin zu ernährungsbedingt pro-entzündlich eingestelltem Zellmillieu. Auch die psychische Grundverfassung hat bei entzündlichen Prozessen immer ein Wörtchen mitzureden.
Pathophysiologie
Je länger eine Entzündung der Achillessehnen besteht, desto umfangreicher werden die Veränderungen. Die Entzündung stimuliert die in frühen Wundheilungsphasen vom Körper genutzte Bildung von Cross-Links.
Dabei werden Gewebefasern stärker miteinander verbunden, um die Belastung zu reduzieren. Hält dieser Zustand länger an, verhindern CrossLinks allerdings auch normale Bewegung und werden zunehmend belastungsintolerant. Je nach Höhe der Symptome, kann auch auf die weiteren, an der Problematik beteiligten Strukturen geschlossen werden. Sitzt der Schmerz tief an der Ferse, kann von einer Beteiligung des Schleimbeutels und einer Bursitis ausgegangen werden. Der Schleimbeutel (Bursa) puffert die Sehne gegen den Knochen ab und verhindert eine zu starke Reibung.
Sitzen die Beschwerden eine Etage oberhalb der Ferse (sog. Mid-portion Probleme), entwickelt sich häufig eine sogenannte Paratenonitis oder eine Peritendinitis. Dabei handelt es sich um Entzündungen der Sehnenhüllen. Liegen die Symptome wieder etwas weiter oben, knapp unter dem Muskelbauch der Wade, spricht man von einer Tendinitis. Ziel der Therapie und des dosierten Trainings ist es, die Bildung von weiteren Cross Links zu verhindern und durch angemessene Belastungen die bestehenden Cross Links wieder aufzulösen. Dieser Prozess erfordert Zeit und Geduld. Ein Training mit dosierter und angepasster Belastung über mehrere Monate ist alternativlos.
Selbstheilungskräfte unterstützen
Massage- und Bindegewebstechniken können lokale Spannungen im Muskel und im umliegenden Bindegewebe reduzieren. So können die bei Bewegung entstehenden mechanischen Zugkräfte auf die Sehne besser moduliert und kontrolliert werden. Thermoanwendungen wie z.B. Wechselduschen (kalt - warm), Cool-Pack oder Eisabreibungen können vorübergehend den lokalen Stoffwechsel durch eine verstärkte Durchblutung anzukurbeln und so die Regenerationskräfte zu aktivieren.
Natürlich ist auch ein individuelles Trainingsprogramm eine effektive Hilfe, dass die Bedürfnisse der betroffenen Gewebe berücksichtigt. Jedes Körpergewebe benötigt in der Rehabilitation etwas andere Reize, um die bestmögliche Anpassung an die normale und vollständige Funktionsfähigkeit zu erreichen. Nachfolgende Tabelle gibt dazu einen kleinen Überblick, welche Gewebeart welchen speziellen Reiz für eine optimale Entwicklung benötigt.
Kay Bartrow
Bild: shutterstock
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